MIROSLAV «MIRO» WEISS

Miroslav Weiss prägte den Schweizer Galopprennsport wie kein anderer. Im September 2025 verkündete er, dass er nach rund 45 Jahren im Dienste des Sports seine Tätigkeit einstellen wird. Damit endet eine Ära. Doch bevor sich der Vorhang schliesst, richtet sich der Blick noch einmal auf den gefrorenen St. Moritzersee – den Ort, an dem er Geschichte schrieb.

Fotos:
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Vom Stall Beliar zur Rekordmarke
Miroslav Weiss stammt ursprünglich aus der ehemaligen Tschechoslowakei (heute Slowakei) und kam im Jahr 1968 in die Schweiz. Der Stall Beliar in Urdorf wurde 1970 gegründet – in den frühen Jahren noch als kleiner Familienbetrieb. Miroslav Weiss war ursprünglich auch als Amateurrennreiter und Springreiter aktiv, bevor er sich ganz auf das Training von Vollblütern konzentrierte und ab 1981 die Verantwortung als Trainer übernahm.

Im Laufe der Jahrzehnte wandelte er den Stall Beliar zum bedeutendsten privaten Galopptrainingsbetrieb der Schweiz. Sein Erfolg basiert nicht nur auf der Anzahl Pferde, sondern auch auf konstanter Spitzenleistung: Weiss ist mehrfacher Champion unter den Schweizer Trainern – allein 26 Trainerchampionate waren es. In seiner langen Karriere haben seine Pferde über 1000 Siege errungen. Darüber hinaus gewann er auch im Ausland, etwa in Deutschland mit «Goracij» das traditionsreiche Gruppe-III-Oleander-Rennen in Baden-Baden.

Sein Engagement war aussergewöhnlich: Nicht selten setzte er früh auf spannende Zukäufe aus Osteuropa und Russland, nutzte Kontakte, die viele anfangs als riskant betrachteten, und bewies damit oftmals ein glückliches Händchen. Über 90 % seiner Sieger hatte Weiss selbst ausgesucht und eingekauft.

Der König des White Turf
Die Rennen auf Schnee und Eis stellen höchste Anforderungen an Pferd und Mensch. Bereits früh in seiner Karriere setzte Weiss Akzente bei Schnee-Meetings: 1986 gelang ihm mit Raga Beauty unter René Kaderli der erste von vielen Siegen.

Bis heute stehen unglaubliche 98 White-Turf-Siege zu Buche, davon 27 im Skikjöring und 71 in Flach- und Hürdenrennen. Weiss ist damit der erfolgreichste Trainer der White-Turf-Geschichte. Seine Pferde traten regelmässig im Grossen Preis von St. Moritz an. Siege feierte er unter anderem mit Treasure Bill (1995), Song of Victory (2009), Fabrino (2015) und Nimrod (2018).

Eine besondere Sensation schaffte er 2009, als er mit Song of Victory gewann und seine weiteren Starter Collow und Vlavianus die Plätze zwei und drei belegten – ein komplettes Podest für Weiss. Der Schnee ist eine Extremdisziplin – und jeder Rang unter diesen Bedingungen zählt umso mehr. Die wiederholte Präsenz seines Stalles bei den Schnee-Rennen über Jahrzehnte hinweg ist Beweis genug für seinen Anspruch und seine Standhaftigkeit.

Das Finale: Die 100 im Visier
Mit einem erfolgreichen White Turf 2026 könnte erstmals die magische Grenze von 100 Siegen durchbrochen werden. Es fehlen nur noch zwei Erfolge. Es wäre die Krönung einer beispiellosen Laufbahn.

Erfolge und Vermächtnis
Wenn man das Lebenswerk von Miroslav Weiss würdigen will, stechen mehrere Aspekte hervor. Da ist vor allem die Beständigkeit an der Spitze. Nur wenige Trainer erreichen und halten über Jahrzehnte Höchstleistung, doch Weiss hat es geschafft, Jahr um Jahr vorne mitzureden. Zudem gilt er als Pionier der internationalen Vernetzung: Durch seine Kontakte nach England, Irland, Frankreich, in die Slowakei, Tschechien und Russland hat er Pferde importiert, formiert und integriert, wodurch der Schweizer Galopprennsport bereichert wurde.

Ein weiteres Merkmal ist seine Treue zum White Turf. Trotz der besonderen Herausforderungen war der Stall Beliar jedes Jahr auf dem zugefrorenen See präsent. Diese Präsenz war ein stilles, aber kraftvolles Zeichen: Hier zählt nicht nur, wer gewinnt, sondern wer bestehen kann. Viele jüngere Trainer haben sein Wirken mitverfolgt – seine Disziplin, seine Hingabe zum Pferd und seine Ausdauer wirken nach. Sein Rücktritt markiert den Moment, um innezuhalten und zu reflektieren, wie sehr eine Person einen Sport prägen kann.

Ausblick und Dank
Miroslav Weiss’ Werk lebt weiter – in den Pferden, die er trainierte, in den Menschen, die er prägte, und im Geist des Rennsports in der Schweiz. Das Schnee-Meeting in St. Moritz war nur eine Bühne, bei der sein Stolz und seine Expertise sichtbar wurden.

Möge sein Name weiterhin mit Respekt genannt werden – nicht nur als der Mann, der 45 Jahre lang Pferde trainierte, sondern als einer, der Leidenschaft in den Rennsport brachte, der Brücken schlug zwischen Ländern und Disziplinen, der Höhen und Tiefen souverän meisterte und für viele ein Vorbild war.

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