INTERVIEW MIT DENNIS SCHIERGEN VON MARKUS MONSTEIN
Für 2025 ist das neue Sicherheitsgeschirr im Skikjöring die grösste Neuerung. Wenn Pferde fahrerlos wurden, was nicht selten der Fall ist, wurde es oft gefährlich für nachfolgende Gespanne, die sich in den Geschirren der fahrerlosen Pferde verheddern konnten. Dieses Problem kann mit dem neuen Geschirr entschärft werden. Denn das Geschirr wird im Wortsinn „abgesprengt“, wenn der Fahrer nicht mehr dranhängt. Vier kleine Sprengkapseln an Zügel und Zugleinen sorgen dafür, dass das Geschirr abfällt (und dort von Helfern aufgehoben werden kann).

Dennis Schiergen als „Trocken-Fahrer“, links Rennverein St. Moritz-Präsident Thomas Walther, rechts Skikjöring-Chef Nicolò Holinger.
Blicken wir auf 2025, was gibt es für Neuerungen?
DS: Ja, das Sicherheitsgeschirr ist sicher die grosse Veränderung. Da ist viel Zeit reingeflossen, vor allem seitens der Skikjöringkommission. Die sind diverse Male nach Engelberg gefahren zu der Firma, die für uns das Geschirr entwickelt hat.
Mehr als 100 Jahre gibt es Skikjöring bereits. Wer hatte die zündende Idee, diese Problematik anzupacken?
DS: Die Idee, was wir brauchen, kam von Nicolò Holinger. Dann wurde mit den Spezialisten der Firma Flugsau GmbH geschaut, was es für Techniken gibt, die eingesetzt werden können. Die sind Experten für Gleitschirme und Deltaflieger für Notfallschirme und so was.
Wie lange hat die Entwicklung gedauert?
DS: Wir haben im Juni 2023 angefangen. Die ersten Tests mit Pferd bei Kältebedingungen haben wir im letzten Winter in St. Moritz gemacht. Die waren dann auch an White Turf dabei, um sich alles vor Ort anzuschauen. Es gab zwei wichtige Fragen: Wie schaffen wir es, dass die Zügel und die Zugleine an den richtigen Stellen gecuttet wird. Und das andere ist, dass der Auslöser auch wirklich akurat ist. Es gab mal die Diskussion, ob man das über Funk machen könnte. Wäre aber schon eine heisse Geschichte, wenn da einer auf dem Turm hockt und dann den Fahrer abknipst…
Und wie funktioniert das Ganze denn nun konkret?
DS: „Es gibt vier sogenannte Sprengkapseln. Die sind auf Schulterhöhe des Pferdes, haben aber dahinter nochmal einen Zügelstopper. Sprich, wenn die Zügel abgesprengt werden, bleiben die losen Teile im Geschirr hängen, damit die nicht vor dem Pferd runterhängen und es drauf stehen könnte. Die hinteren Teile fallen einfach zu Boden. Die Zugstange, die ist sozusagen ‚upgegraded‘ worden. Da hat es nun ein kleines Kontrollzentrum drin und ein kleines Teil so ähnlich wie bei einem Jetski, welches mit dem Fahrer physisch verbunden ist. Und dann muss man das ganze scharf schalten. Es gibt eine gewisse Kilogramm-Anzahl an Kraft, die es braucht, um das Ding rauszuziehen. Sprich: Nur wenn der Fahrer stürzt, wird es rausgezogen und innerhalb von einer Sekunde löst es vorne die Sprengkapseln aus. Das Geschirr fällt zu Boden, das Pferd kann weitergaloppieren ohne Panik, weil die Leinen nicht runterhängen und auch keine anderen Pferde reinstehen. Somit gehören viele gefährliche Situationen, die zu Unfällen geführt hatten, der Vergangenheit an.“
Und was passiert mit dem hinteren Teil des weggesprengten Geschirrs?
DS: Wenn das am Start passiert, was ja eine Sturzrisikoquelle ist, liegt es in oder vor der Startboxe am Boden, da galoppiert ja keiner mehr vorbei. Wenn während dem Rennen ein Fahrer stürzt, haben wir den Tross mit den vier Ski-Doos mit Sanität, Veterinär, Security und Voluntaris mit Sichtschutz, von denen einer anhalten das Geschirr aufheben kann.
Wie sieht es mit den Kosten aus und wie hat der Sponsor UBS das aufgenommen?
DS: Das Ganze war nicht günstig, die Entwicklung hat über 90‘000 Franken gekostet. Und es wird nun wiederkehrende Kosten geben, jede Auslösung kostet. Diese Kapseln sind kein Schnäppchen. Aber das ist eine Investition an richtiger Stelle. Die UBS beteiligt sich massgebend an den neuen Geschirren und erhöht auch die Dotationen, was natürlich sehr erfreulich ist. Es gibt nun dreimal 20‘000 Franken Preisgeld (bisher zweimal 15‘000 und einmal 20‘000 Anm. d. Red.), das ist ein schöner finanziellen Anreiz.
Wie sieht es denn allgemein aus für die Zukunft mit UBS als Skikjöring-Sponsor?
DS: Wir pflegen seit über 40 Jahren eine hervorragende Partnerschaft mit der Credit Suisse. Die UBS führt seit diesem Jahr das traditionsreiche Engagement mit White Turf fort. Damit ist sie Hauptsponsorin und Titelsponsorin der UBS Skikjöring Trophy und ermöglicht mit ihrer Unterstützung die Durchführung der White Turf Family Days. Wir sind im regelmässigen Austausch und sind sehr zuversichtlich, dass diese erfolgreiche und langjährige Partnerschaft auch über 2025 hinaus bestehen bleibt.
Was ändert sich sonst noch an White Turf 2025?
DS: Die Sprints werden wir auf dreimal 25‘000 Franken anheben, was eine Investition in die Zukunft ist. Dies ist ein Commitment gegenüber den Aktiven. Die Sprints waren in den letzten Jahren doch eher schwächer besetzt. Es gibt kein attraktives Sprinterprogramm in der Schweiz, aber mit dreimal 25‘000 kann man sich doch überlegen, ob sich ein Kauf nicht lohnt. Wenn es vielleicht ein Pferd ist, was bis 1600 Meter kommt, hat man auch unter dem Jahr ein Programm. Dreimal laufen, der Sieger bekommt 12‘000 – da ist der Engadin-Aufenthalt mehr als finanziert, wenn ich eins gewinne. Natürlich hoffen wir auch, dass für das Geld der eine oder andere Ausländer kommt. In Deutschland gibt‘s so viel Preisgeld im Listenrennen. Und wenn es ein Typ Galopper gibt, das dreimal laufen kann, dann sind es die Skikjöring-Pferde und die Sprinter. Deshalb haben wir für die Rennen die Preisgelder zuerst angehoben. Langfristig würden wir gerne noch mehr Dotationen anheben. Aber man muss natürlich auch immer schauen, dass das mit dem Budget vereinbar bleibt. Und wir sind ja noch nicht finanziert.
Die Anzahl Rennen bleibt gleich?
DS: Ja, die bleibt gleich. Es wird die eine oder andere Verschiebung bei den Sponsoren geben, um die Erhöhungen zu finanzieren. Und vielleicht gibt es noch die eine oder andere positive Überraschung mit neuen Sponsoren, die an Bord kommen für nächstes Jahr. Weil das ist natürlich auch die Idee, mit einem Trophy-Sponsor dem Sprint noch den Deckel draufsetzen zu können. Auch bei den Trabern ist das Ziel, in Zukunft wieder erhöhen zu können. Die Priorisierung ist jetzt in der kurzen Zeit auf Sprint und Skikjöring, da wir uns hier den grössten Effekt versprechen.
Und wie sieht es bei der Infrastruktur aus?
DS: Da haben wir auch ein paar Veränderungen. Wir werden vor allem die Container auf dem See reduzieren, weil diese sich durch die Sonne aufheizen. Da arbeiten wir mehr mit Zelten nun. Und bei den Tribünen, die in den letzten Jahren leider einige Male geschlossen werden mussten, haben wir die Tribüne A geteilt. Zwei Tribünen A1 und A2, dadurch reduziert sich die Anzahl Sitzplätze pro Tribüne und somit die Belastung an diesen Stellen. Zudem werden wir im Innenraum eine Art Stehpodest machen, neben der Leinwand. Natürlich mit genügend Sicherheitsabstand zu den Rails, mit zusätzlichem Sicherheitspersonal. Da gibt es 100 exklusive Stehplätze geben wird. Wir wollen das mal ausprobieren.
Dann wünschen wir eine gute Vorbereitung und hoffen, dass es noch die erwähnte eine oder andere positive Überraschung geben wird!
DS: Danke, die Zeit rennt dann. Man merkt jetzt schon, wie das Tempo anzuziehen beginnt!
Quelle: Markus Monstein, (17. Dezember 2024). Interview mit Dennis Schiergen: Head Racing von White Turf, neues Sicherheitsgeschirr, Skikjöring und Sprints aufgewertet. www.horseracing.ch.

Seit über 100 Jahren im Einsatz: Die traditionelle Zugstange wurde über die Jahre nur geringfügig modifiziert.
